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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 17.02.2005
Aktenzeichen: 12 U 169/03
Rechtsgebiete: ZPO, VerbrKrG
Vorschriften:
ZPO § 293 | |
ZPO § 513 Abs. 1 | |
ZPO § 529 | |
VerbrKrG § 1 |
Kammergericht Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 12 U 169/03
verkündet am : 17.02.2005
In dem Rechtsstreit
hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, die Richterin am Kammergericht Zillmann und den Richter am Kammergericht Spiegel für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 8. Mai 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin - 9 O 421/02 - wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor der angefochtenen Entscheidung wie folgt lautet:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.556,19 Schweizer Franken (CHF) nebst 8,7 % Zinsen aus 17.198,99 CHF seit dem 15. Mai 2004 zu zahlen.
2. In Höhe von 28.325,56 CHF ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
3. Die Widerklage wird - auch im Umfang ihrer Erweiterung - abgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die am 26. Juni 2003 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. November 2003 mit einem am 20. November 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 8. Mai 2003 verkündete und dem Beklagten am 27. Mai 2003 zugestellte Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. Oktober 2003, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte u. a. vor:
Entgegen der vom Landgericht vertretenen Rechtsauffassung sei deutsches Recht, insbesondere das VerbrKrG, anwendbar. Dies folge zum einen aus Art 120 des Schweizer Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG), zum anderen aus den Art. 29 und 34 EGBGB.
Selbst bei Anwendung Schweizer Rechts schulde er, der Kläger, gemäß Art 314 Abs. 1 OR ab Januar 2001 allenfalls Zinsen in Höhe von 5,6%.
Auch habe das Landgericht übersehen, dass wegen der bestehenden Sicherheiten lediglich eine Zug-um-Zug Verurteilung in Betracht komme.
Bei der Ermittlung fremden Rechts habe das Landgericht gegen § 293 ZPO verstoßen. Es habe sich bei der nach dem Schweizer Recht vorzunehmenden Auslegung von Treu und Glauben nicht mit der diesbezüglich in der Schweiz ergangenen Rechtslehre und Rechtsprechung auseinandergesetzt.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und auf seine Widerklage festzustellen, dass die Klägerin dem Beklagten aufgrund der vorzeitigen Kündigung der vom Beklagten bei der Gesellschaft Nnnn Unn nnnnnnnnnnnnnnnn abgeschlossenen Lebensversicherung verpflichtet ist, den dem Beklagten hierdurch bereits entstandenen und zukünftig hieraus noch entstehenden Schaden zu ersetzen.
In Erweiterung der Widerklage beantragt der Beklagte,
die Klägerin zu verurteilen, an ihn 19.401,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin erklärt den Rechtsstreit in Höhe von 89.897,55 CHF in der Hauptsache für erledigt und beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor der angefochtenen Entscheidung wie folgt lautet:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.556,19 Schweizer Franken (CHF) nebst 8,7 % Zinsen aus 17.198,99 CHF seit dem 15. Mai 2004 zu zahlen.
In Höhe von 89.897,55 CHF ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
Die Widerklage wird - auch im Umfang ihrer Erweiterung - abgewiesen.
Der Kläger schließt sich der Hauptsachenerledigung wegen eines Teilbetrages von 61.571,99 CHF an.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung, die sie für zutreffend erachtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache aus den im Ergebnis zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg.
Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
A. Zu Recht hat das Landgericht den Rechtsstreit unter Anwendung Schweizer Rechts entschieden. Die von den Parteien in Nr. 14 des Kreditvertrages ausdrücklich vereinbarte Geltung schweizerischen Rechts ist wirksam; Art 29, 34 EGBGB stehen dem nicht entgegen, eine Rückverweisung gemäß Art 120 des Schweizer Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG)liegt nicht vor.
1) Im Ergebnis zutreffend geht das Landgericht auch davon aus, dass die Anwendung deutschen Rechts nicht aus Art 29 oder Art 34 EGBGB folgt.
a) Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art 29 EGBGB sind nicht gegeben.
aa) Kredit- oder Darlehensverträge fallen nur dann unter diese Vorschrift, wenn sie zur Finanzierung eines Warenlieferungs- oder Dienstleistungsvertrages dienen. Zwischen dem Liefer- oder Dienstleistungsvertrag und dem Finanzierungsvertrag muss damit eine Zweckbindung wie etwa bei Kredit- oder Teilzahlungskauf bestehen. Erforderlich ist also, dass der Verbraucher Empfänger einer Warenlieferung oder einer Dienstleistung ist und der Kredit den Zweck der Finanzierung der vom Verbraucher hierfür zu erbringenden Gegenleistung hat. Kreditverträge, die eine vom Verbraucher selbst zu erbringende Dienstleistung finanzieren, fallen dagegen nicht unter Art 29 EGBGB. Dies ergibt sich zum einen aus dem eindeutigen Wortlaut von Art 29 Absatz 1 EGBGB ("... des Berechtigten..") und Art 29 Absatz 4 Nr. 2 EGBGB ("die dem Verbraucher geschuldeten Dienstleistungen..."), zum anderen aus dem Schutzzweck der Norm, die dem Schutz des Verbrauchers in seiner Eigenschaft als Abnehmer (Konsument) von Warenlieferungen und Dienstleistungen dient und nicht dem Schutz von Anbietern. bb) Der streitgegenständliche Kredit diente nicht der Finanzierung einer Warenlieferung oder einer Dienstleistung, deren Empfänger der Beklagte war.
Es kann dahinstehen, ob der Vertrag über eine Lebensversicherung dem Dienstleistungsbegriff des Art 29 EGBGB unterfällt. Entgegen dem Vortrag des Beklagten diente die Kreditaufnahme - wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Anlage 1 zur Klageschrift ergibt - gerade nicht der Finanzierung der Lebensversicherung. Vielmehr sollte die Einzahlung bei der Lebensversicherung in Höhe von 25.973,-- DM aus der vom Beklagten zu leistenden "sofortigen Scheckübergabe auf das Abwicklungskonto" in Höhe von 25.973,-- DM und damit nicht aus dem Darlehen erfolgen. Folgerichtig wird der Beklagte von der Unnnnnnn GmbH mit Schreiben vom 7. Dezember 1990 (Anlage B 18) aufgefordert, der Rücksendung der Unterlagen einen "V-Scheck über DM 25.973,--" beizufügen.
Dahinstehen kann auch, ob der vom Beklagten der WBK gewährte Kredit dem Dienstleistungsbegriff des Art 29 EBGB unterfällt. Zwar diente der von der Klägerin gewährte Kredit der Finanzierung des der WBK gewährten Darlehens, es handelt sich aber bei dem letztgenannten Geschäft nicht um eine dem Beklagten geschuldete Dienstleistung. Vielmehr wurde diese Dienstleistung vom Beklagten selbst erbracht. Ein solches Geschäft unterfällt aber, wie oben dargelegt, nicht Art 29 EGBGB.
Soweit die Klägerin bei der Abwicklung des streitgegenständlichen Geschäfts Dienstleistungen in Form von Geschäftsbesorgungen zu erbringen hatte, handelt es sich lediglich um untergeordnete Nebenleistungen, die nicht Art 29 EGBGB unterfallen (BGHZ 135, 124).
Der Beklagte hat auch nicht dadurch eine "Dienstleistung" der Klägerin erhalten, dass er die Verträge als "Anlagemodell" im "Paket" durch Vermittlung der Un nnnnnn GmbH, Hnnnn oder einer oHG in Hnnnn geschlossen hat (vgl. Anlage 1).
cc) Auch eine entsprechende Anwendung des Art 29 Absatz 1 EGBGB auf den vorliegenden Fall scheidet aus, da der Gesetzgeber keine umfassende kollisionsrechtliche Schutznorm beabsichtigt hat (vgl. BGH, a.a.O.).
b) Auch die Voraussetzungen von Art 34 EGBGB liegen - bezogen auf die Regelungen des VerbrKrG - nicht vor.
aa) Nach Art 34 EGBGB bleibt die Anwendung von Bestimmungen des deutschen Rechts, die ohne Rücksicht auf das den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln, unberührt. Art 34 EGBGB regelt die Beachtlichkeit zwingender, das Vertragsstatut verdrängender Eingriffsnormen. Er erfasst nur solche Normen, die nicht der Partei-disposition unterliegen und die unabhängig vom an sich anwendbaren Recht Geltung beanspruchen. (Sonderanknüpfung zwingender Vorschriften des deutschen Rechts mit wirtschafts- oder sozialpolitischem Gehalt, die auch international zwingend sind (v. Staudinger/Magnus, BGB, 13. Bearbeitung 2002, EGBGB Art .34 Rdnr. 3).
bb) Nach deutschem Recht wäre zwar der sachliche Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetztes nach § 1 VerbrKRG eröffnet.
Die Klägerin handelte in ihrer Eigenschaft als Bank im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit und gewährte dem Beklagten durch das Refinanzierungsdarlehen einen Kredit. Der Beklagte handelte als natürliche Person. Der Kredit war nach dem Inhalt des Vertrages nicht für seine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige Tätigkeit bestimmt, denn unstreitig diente der Kredit der privaten Geldanlage des Beklagten (Kredit an die WBK mit Steuerersparnis).
Die Kreditgewährung fällt trotz ihres Charakters als Teil eines "Steuersparmodells" in den Schutzbereich des § 1 VerbrKrG. Nach Ansicht des BGH rechtfertigt die Absicht, mit einem finanziellen Geschäft steuerliche Vorteile erlangen zu wollen, keine Einschränkung der Rechte aus dem VerbrKrG (BGH NJW 1996, 3414, 1416). Auch nach Ansicht der Kommentarliteratur fallen Kredite zum Zweck der privaten Vermögensanlage, unabhängig von der Höhe des Kreditbetrages, in den Schutzbereich des § 1 VerbrKrG (vgl. z.B. Münchener Kommentar/Ulmer, 3. Auflage, § 1 VerbrKrG, Rdnr. 23).
Der Darlehensvertrag fällt auch zeitlich gesehen in den Anwendungsbereich des VerbrKrG, welches zum 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist. Nur für Kreditverträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind, gilt auch für die Zeit nach dem 1. Januar 1991 das bisherige Recht fort (v. Staudinger-Wulf, Neubearbeitung 2001, Einl zum VerbrKrG, Rdnr. 36). Abgeschlossen in dem genannten Sinne ist ein Kreditvertrag, wenn er nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften noch vor dem Stichtag zustande gekommen ist (a.a.O.). Der streitgegenständliche Darlehensvertrag kam erst nach dem 1. Januar 1991 zustande. Ausweislich der Vertragsurkunde leistete die Klägerin ihre Unterschrift erst am 1. Februar 1991. Laut Nr. 15.1 des Vertrages ging die Klägerin auch davon aus, dass der Vertrag vor der Unterzeichnung durch beide Parteien nicht zustande kommt.
Auch der nach BGHZ 135, 124 ff für eine Anwendung des Art 34 EGBGB erforderliche Inlandsbezug i. S. von Art 29 Absatz 1 Nr. 1 EGBGB ist gegeben. Denn unstreitig ging dem Vertragsschluss eine Werbung des Vermittlers Un Cnnn in Hnnnn , Deutschland, voraus und ausweislich der Vertragsurkunde leistete der Beklagte seine Unterschrift unter den Vertrag in Bnnn .
cc) Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei den Vorschriften des Verbraucher-kreditgesetzes jedoch nicht um Vorschriften, die international zwingend sind; denn Rechtswahl, Auslandsbezug und Respekt vor fremdem Recht müssen hier nicht hinter eigenen staatlichen Interessen zurücktreten, zumal Art 120 IPRG den Bedürfnissen des Verbraucherschutzes Rechnung trägt. Auch systematische Gründe sprechen gegen die Anwendung des Art 34 EGBGB auf Verbraucherkreditverträge, die von Art 29 EGBGB nicht erfasst werden.
Ob die Regelungen des VerbrKrG zwingend im Sinne von Art 34 EGBGB sind, ist umstritten (zum Meinungsstand vgl. Felke, RIW 2001, 30, 32 ff). Der Bundesgerichtshof hat dazu bislang nicht entschieden; die zum Haustürwiderrufsgesetz ergangenen Entscheidungen (vgl. BGHZ 123, 380; BGHZ 135, 124; BGH ZIP 1999, 103) beantworten die Frage nicht. Der Senat schließt sich der vorherrschenden Auffassung, die insbeson-dere das BAG (BAG SAE 1997, 31, 34; BAGE 63, 17, 31f; BAGE 71, 297, 316ff) in ständiger Rechtsprechung vertritt, an. Hiernach ist für den international zwingenden Charakter einer Norm entscheidend, dass der Zweck der Vorschrift "sich nicht im Ausgleich widerstreitender Interessen der Vertragsparteien erschöpft, sondern auch auf öffentliche Interessen gerichtet ist (BAG a.a.O.; v. Staudinger/Magnus, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2002, Art 34 EGBGB Rdnr. 57 m.w.N.). Diese Auffassung kann sich auf die Gesetzesmaterialien stützen Staudinger/Magnus a.a.O.).
Die Grenzlinie zwischen intern und international zwingenden Normen ist mithin grund-sätzlich danach zu ziehen, ob eine Vorschrift aus Gemeinwohlinteressen unabhängig vom an sich maßgeblichen Recht gelten soll. Im System des Kollisionsrechts stellt die Beachtung solcher Normen allerdings stets die Ausnahme dar. Von Art 34 EGBGB ist deshalb nur sparsam Gebrauch zu machen (v. Staudinger/Magnus a.a.O. Rdnr. 69).
Für den Bereich des zwingenden deutschen Verbraucherschutzes folgt daraus, dass er im Allgemeinen keinen international zwingenden Charakter hat. Die Verbraucher-schutzvorschriften wollen primär die individuellen Interessen des Verbrauchers wahren. Darüber hinausgehende Gemeinwohlinteressen verfolgen sie allenfalls in einer unspezifischen, nicht im Vordergrund des Regelungszweckes stehenden Weise. Außerhalb des Anwendungsbereichs von Art 29 EGBGB treten die zwingenden Vorschriften des deutschen Verbraucherschutzes deshalb zurück, wenn - wie vorliegend - fremdes Vertragsstatut gilt (vgl. v. Staudinger/Magnus a.a.O. Rdnr. 71). Die Subsumtion des VerbrKrG unter Art 34 EGBGB ist weder vom Wortlaut noch von der Systematik des EGBGB gedeckt (Felke, RIW 2001, 30, 35 f); insbesondere darf die Anwendung von Art 34 EGBGB nicht dazu führen, die Grenzen des Art 29 EGBGB zu umgehen, zumal die Anwendung von Art 34 EGBGB im Einzelfall zu einem geringeren Verbraucherschutz führen kann, da danach an zwingend deutsches Recht auch dann anzuknüpfen ist, wenn das fremde Recht für den Verbraucher günstiger ist.
Zu bedenken ist auch, dass der Gesetzgeber den Erlass des - auf EG-Richtlinien vom 22.6.1986 und vom 20.5.1997 (97/7) - beruhende VerbraucherKreditG nicht zum Anlass genommen hat, Art.29 EGBGB auf Verbraucherkredite auszuweiten; eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Art.29, 34 EGBGB auf Verbraucherkredite ist daher dem Gesetzgeber vorbehalten.
2) Im Ergebnis zutreffend geht das Landgericht auch davon aus, dass die Anwendung deutschen Rechts nicht aus Art 120 des Schweizer Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) folgt. Es kann deshalb offen bleiben, ob eine Anwendung von Art 120 IPRG auf den vorliegenden Fall trotz Art 35 Absatz 1 bzw. Art 4 Absatz 2 EGBGB überhaupt in Betracht kommt, weil es sich um eine "Eingriffsnorm" des fremden Kollisionsrechts handelt (vgl. dazu Palandt/Heldrich, BGB, 64.Aufl., EGBGB Art.34 Rn.6).
Soweit das Landgericht allerdings meint, die Unanwendbarkeit von Art 120 IPRG ergebe sich bereits daraus, dass "diese Konsumentenschutzklausel erst durch das Konsumentenkreditgesetz vom 8 Oktober 1993 in das IPRG aufgenommen" worden sei, kann der Senat dem nicht folgen.
Zutreffend ist zwar, dass das Konsumentenkreditgesetz der Schweiz (KKG) erst 1993 in Kraft getreten ist. Nicht erkennbar ist jedoch, warum auch Art. 120 IPRG erst 1993 in Kraft getreten sein soll. Das IPRG ist vielmehr zum 1. Januar 1989 und damit vor Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages vom 1. Februar 1991 in Kraft getreten. Im Jahre 1993 wurden lediglich die Art. 130 und 139 des IPRG geändert. Die Geltung des seit dem 1. Januar 1989 nicht geänderten Art. 120 IPRG wurde hierdurch nicht tangiert.
Die Rechtswahl der Parteien scheitert aber schon deshalb nicht an Art 120 Absatz 2 IPRG, weil dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift ist für "Verträge über Leistungen des üblichen Verbrauchs, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Konsumenten bestimmt sind und nicht im Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Konsumenten stehen" eine Rechtswahl unter bestimmten Umständen ausgeschlossen.
Es kann hier dahinstehen, ob das von der Klägerin dem Beklagten gewährte Darlehen für dessen persönlichen oder familiären Gebrauch bestimmt war und nicht im Zusammenhang mit dessen beruflicher oder gewerblicher Tätigkeit stand. Es handelt sich jedenfalls nicht um einen "Vertrag über Leistungen des üblichen Verbrauchs".
a) Entgegen der vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 22. Oktober 2004 vertretenen Ansicht liegt ein Konsumentenvertrag nicht bereits dann vor, wenn die Leistung für den persönlichen und oder familiären Gebrauch des Konsumenten bestimmt ist und nicht im Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Konsumenten steht.
Das nach Schweizer Recht wesentliche Kriterium für die Annahme eines Konsumentenvertrages ist entsprechend dem eindeutigen Wortlaut der Regelung vielmehr die "Üblichkeit des Verbrauchs" (vgl. Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Auflage 2004, Art 120 Rdnr. 21; Vischer, Internationales Vertragsrecht, 2. Auflage 2000, Rdnr. 724). Bei der Auslegung des Begriffs "des üblichen Verbrauchs" muss immer der Schutzzweck berücksichtigt werden (Zürcher Kommentar zum IPRG, a.a.O.). Vischer (Vischer, a.a.O., Rdnr. 729) führt hierzu aus:
"Für das schweizerische Recht ist im Auge zu behalten, dass sämtliche Verträge, die potentiell als Konsumentengeschäfte in Betracht kommen, unter dem allgemeinen Vorbehalt stehen, dass die vertragliche Leistung als noch dem "üblichen Verbrauch" dienend bezeichnet werden kann. Bei der Auslegung dieses Ausdrucks ist der Grundgedanke der Vorschrift zu berücksichtigen, dem Konsumenten Schutz zu gewähren beim Abschluss von Verträgen zur Deckung seiner Grundbedürfnisse. Der Vorbehalt des üblichen Verbrauchs ist dabei immer zusätzlich zu beachten. Eine Typisierung in dem Sinne, dass bestimmte Vertragstypen allgemein als Konsumentenverträge gelten, ist nicht zulässig. Innerhalb der einzelnen Typen ist vielmehr zu differenzieren. So ist etwa beim Kaufvertrag der Kauf von Luxusgütern wie teurem Schmuck, Pelzen oder Luxusautos vom Anwendungsbereich des Art. 120 IPRG auszunehmen. Auch deren Finanzierung durch Kredite fällt nicht darunter."
Auch in Art 22 des am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Bundesgesetz vom 24. März 2000 über den Gerichtsstand in Zivilsachen (Gerichtsstandsgesetz, GestG) verwendet der Schweizer Gesetzgeber den Begriff der "Leistungen des üblichen Verbrauchs". Die Beratungen zu Art 22 GestG in den parlamentarischen Kommissionen zeigen, dass mit dem Kriterium der "Üblichkeit" eine Beschränkung auf Verträge über Gegenstände und Dienstleistungen des täglichen Gebrauchs gewollt war (vgl. Müller u.a., Gerichtsstandsgesetz, Kommentar zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, 1. Auflage 2001, Art 22 GestG Rdnr. 122). Die Übernahme des Begriffs "Leistungen des üblichen Verbrauchs" in Art 22 GestG erfolgte dabei mit dem Ziel, dass die Definition des Konsumentenvertrages im schweizerischen Recht einheitlich erfolgen solle (Spühler u.a., Kommentar zum schweizerischen Zivilprozessrecht - Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, 1. Auflage 2002, Art 22 GestG Rdnr. 4).
Bei der Auslegung von Art 120 IPRG ist deshalb - ebenso wie bei Art 22 GestG - die Üblichkeit des mit dem Vertrag beabsichtigten Verbrauchs als eigenständige Anwendungsvoraussetzung immer zusätzlich zu den anderen Kriterien und selbständig zu prüfen. Auszugehen ist dabei vom Zweck der Regelung, dem Konsumenten bei Streitigkeiten aus Verträgen zur Deckung der regelmäßigen Grundbedürfnisse zu schützen. Da es hierbei auf die konkrete Schutzbedürftigkeit nicht ankommt, ist im Interesse der Verkehrssicherheit für die Beurteilung der Üblichkeit auf die Verkehrsauffassung abzustellen (Müller u.a., a.a.O. Rdnr. 124). Damit fallen außerordentliche Geschäfte, die nicht regelmäßig getätigt werden, nicht in den Anwendungsbereich von Art 120 IPRG und Art 22 GestG (Müller u.a., a.a.O. Rdnr. 125).
Eine generelle wertmäßige Schranke dessen, was noch als "üblich" gelten kann, lässt sich kaum definieren, es kommt jeweils auf das konkrete Geschäft an. Allerdings lässt sich für Finanzierungsverträge aus dem Konsumentenkreditgesetzt der Schweiz (KKG) eine Richtschnur ableiten. Vischer führt hierzu aus (Vischer, a.a.O., Rdnr. 724):
"Ansatzpunkt für eine beschränkte Erfassung von Kreditgeschäften durch Art 120 IPRG ist ... der allgemeine Vorbehalt, dass die Leistung nicht über den üblichen Verbrauch hinausgehen darf. Bei Krediten dürfte diese Schranke in Analogie zu Art 6 Abs.1 lit. f KKG jedenfalls bei Verträgen über Fr. 40.000,- regelmäßig erreicht sein."
Auch in der Kommentierung zu Art 22 GestG wird der Betrag von 40.000,-- CHF für den Höchstwert des Üblichen als Richtschnur herangezogen (Müller u.a., a.a.O. Rdnr. 127; vgl. auch SOG 1993, 34, wo ein Darlehensvertrag über 12.000,-- DM nicht als "Leistung des üblichen Verbrauchs" qualifiziert wurde).
b) Bei dem streitgegenständliche Darlehensvertrag handelt es sich nicht um einen Vertrag über Leistungen des üblichen Verbrauchs. Dies folgt zum einen aus der erheblichen Überschreitung der vorgenannten Wertgrenze von 40.000,-- CHF. Zum anderen dient der Darlehensvertrag nicht der "Deckung der regelmäßigen Grundbedürfnisse". Weder die Gewährung eines Darlehens an die WBK noch der Wunsch, mit dem Geschäft Steuern zu sparen, gehört nach der Schweizer Verkehrsauffassung zu den regelmäßigen Grundbedürfnissen. Es kann dahinstehen, ob die Aufnahme eines Kredites zur Finanzierung einer Lebensversicherung zu den regelmäßigen Grundbedürfnissen gehört. Entgegen dem Vortrag des Beklagten diente die Kreditaufnahme - wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Anlage 1 zur Klageschrift ergibt - gerade nicht der Finanzierung der Lebensversicherung. Vielmehr sollte die Einzahlung bei der Lebensversicherung in Höhe von 25.973,-- DM aus der vom Beklagten zu leistenden "sofortigen Scheckübergabe auf das Abwicklungskonto" in Höhe von 25.973,-- DM und damit nicht aus dem Darlehen erfolgen. Folgerichtig wird der Beklagte von der Un -Cnnnnn GmbH mit Schreiben vom 7. Dezember 1990 (Anlage B 18) aufgefordert, der Rücksendung der Unterlagen einen "V-Scheck über DM 25.973,-" beizufügen.
B. Das Landgericht hat den Rechtsstreit auch unter Zugrundelegung des anwendbaren Schweizer Rechts auch in der Sache richtig entschieden. Auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung kann insoweit verwiesen werden. Im Hinblick auf die Ausführungen des Beklagten im zweiten Rechtszug ist - wobei sich diese ganz überwiegend auf die Frage der Anwendbarkeit deutschen Rechts beziehen - ergänzend auf das Folgende hinzuweisen:
1. Da das Darlehen entsprechend dem eindeutigen Wortlaut der Vertragsurkunde bis zum 31. Dezember 2000 befristet war, war der Beklagte ab 1. Januar 2001 gemäß Art 312, 318 des Schweizer Obligationsrechts (OR) zur Rückerstattung der Darlehenssumme sowie zur Zahlung der für die Laufzeit des Kredites vertraglich vereinbarten Zinsen verpflichtet. Eine Kündigung des Vertrages war deshalb zu dessen Beendigung nicht erforderlich. Aus diesem Grunde kommt es auf die Frage, ob die ausgesprochene Kündigung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, nicht an. Die Einholung des vom Beklagten geforderten Gutachtens zu den Grundsätzen von Treu und Glauben nach Art 2 ZGB ist damit nicht angezeigt.
Für die Zeit ab 1. Januar 2001 ergibt sich die Zinszahlungspflicht des Beklagten in Höhe der geforderten 8,7% aus Verzug. Gemäß Art 102 Abs. 2 OR befand sich der Beklagte auch ohne Mahnung seit dem 1. Januar 2001 in Verzug. Gemäß Art 104 Absatz 2 OR schuldet der Beklagte Verzugszinsen in Höhe der vertraglich Vereinbarten 7,125 %, gemäß Punk 8.3 der vertraglichen Vereinbarung schuldete er einen Zuschlag von 2%. Der somit geschuldete Zinssatz von 9,125% liegt über den von der Klägerin geforderten 8,7%.
Entgegen der Ansicht des Beklagten haben die Parteien den Darlehensvertrag nicht konkludent verlängert. Wie sich aus dem eindeutigen Inhalt des Schreibens der Klägerin vom 19. Dezember 2000 (Anlage K2) ergibt, wollte die Klägerin nur unter der Bedingung fortsetzen, dass der Beklagte die bis Ende des Jahres 2000 aufgelaufenen Rückstände ("Überschreitungen") ausgleicht. Art 314 Abs. 1 OR ist schon aus diesem Grund nicht einschlägig.
2. Entgegen der Ansicht des Beklagten ergibt sich eine längere Laufzeit nicht aus den unter Punkt "9 Verlängerungs-Option" getroffenen vertraglichen Regelungen. Wollte man davon ausgehen, dass mit dieser vertraglichen Regelung dem Beklagten das Recht eingeräumt werden sollte, die Laufzeit des Vertrages durch einseitige Erklärung um 5 Jahre zu verlängern, dann fehlt es an einer Willenserklärung des Beklagten, mit dem dieser sein Optionsrecht ausgeübt hat.
Allerdings spricht der Wortlaut dieser Regelung, insbesondere die ausdrücklich geregelten Vorbehalte und das Recht der Klägerin, die Zinskonditionen zu ändern, eher dagegen, dass dem Beklagten das Recht eingeräumt werden sollte, die Laufzeit des Vertrages durch einseitige Erklärung um 5 Jahre zu verlängern. Vielmehr ist diese vertragliche Regelung nach Art 18 OR dahingehend auszulegen, dass die Klägerin sich verpflichtet, dem Beklagten nach Ablauf der Bindungsfrist ein Verlängerungsangebot für weitere 5 Jahre mit einem marktüblichen Zinssatz anzubieten. Die Verlängerung des Darlehens sollte damit nicht durch eine einseitige Erklärung des Beklagten sondern durch übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien erfolgen (vgl. Art 1 OR). Hieran fehlt es, da der Beklagte die diversen Angebote der Klägerin mit einem Zinssatz von 8,7% nicht angenommen und diese das abweichende Angebot des Beklagten mit einem Zinssatz von 5,6% abgelehnt hat.
3. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Klägerin auch nicht vorzuwerfen, sie habe mit der Forderung von 8,7% gegen ihre Pflicht zur Unterbreitung eines Verlängerungsangebotes zu marktüblichen Zinsen verstoßen. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin setzt sich dieser Zinssatz zusammen aus 3,7% Refinanzierungskosten, 2% Kreditmasche und 3% Risikozuschlag. Dahinstehen kann, ob die Klägerin generell berechtigt war, von ihren Kunden für die Erneuerung von Berlin-Darlehen Refinanzierungen einen Risikozuschlag von 3% zu fordern. Jedenfalls gegenüber dem Beklagten war sie hierzu berechtigt. Wie sich aus dem von der Klägerin als Anlage 2 eingereichten Schreiben vom 19. Dezember 2000 ergibt, war der Beklagte während der 10-jährigen Laufzeit des Darlehens trotz "diverser Mahnungen" seinen Zahlungsverpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Bereits dies rechtfertigt die Forderung eines Risikozuschlags in Höhe von 3%-Punkten.
4. Eine Zug-um-Zug Verurteilung kommt schon deshalb nicht in Betracht, da dem Beklagten ein Gegenrecht jedenfalls nach Verwertung der Lebensversicherung und Rückzahlung des Darlehens durch die Rechtsnachfolgerin der WBK nicht zusteht. Die Sicherheiten, die dem Beklagten zurückgegeben werden könnten, sind durch Erfüllung erloschen.
5. Soweit sich der Beklagte der Erklärung der Erledigung der Hauptsache durch die Klägerin nicht angeschlossen hat, war die Erledigung der Hauptsache festzustellen.
6. Zu Recht hat das Landgericht auch die Widerklage abgewiesen. Da sich der Beklagte mit der Rückerstattung des Darlehensbetrages und der Zinszahlung in Verzug befand, war die Klägerin gemäß Art 891, 899 Absatz 2 ZGB zur Verwertung der Sicherheiten berechtigt. Sie ist dem Beklagten deshalb nicht zum Schadensersatz im Sinne des Feststellungsantrags verpflichtet. Im Umfang der Klageerweiterung war die Widerklage abzuweisen, da die vom Beklagten insoweit behauptete Überzahlung von Zinsen in Ermangelung der Anwendbarkeit des VerbrKrG nicht gegeben ist.
C. Die Revision war im Hinblick auf die Frage, ob die Vorschriften des VerbrKrG im Sinne von Art 34 EGBGB "den Sachverhalt zwingend regeln", zuzulassen.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711.
Ende der Entscheidung
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